WDR - Abnehmen mit Fruchtgummis

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Abnehmen mit Fruchtgummi – geht das wirklich?
Experte Dr. Volker Manz klärt auf

9. September 2023 
Beitrag mit Ernährungsexperte Dr. Volker Manz vom SI Ernährungsinstitut

Fruchtgummis essen und abnehmen? So klingt das Versprechen eines Herstellers, dessen Keto-Gummis derzeit in den Sozialen Medien gehyped werden. Experten warnen: Gesicherte Erkenntnisse gibt es nicht.

Von Nina Magoley

Die Verkaufsstrategien sind raffiniert: Wer im Internet nach Diät oder Abnehmen sucht, der stößt schnell auf Werbeanzeigen und dubiose Webseiten für ein angebliches Wundermittel. Beworben werden sogenannte Keto-Gummis – die aussehen wie Weingummis, gut schmecken und vor allem die Pfunde purzeln lassen sollen. Man könne ganz normal essen und nehme trotzdem ab, dank der wohlschmeckenden Fruchtgummis, heißt es.

Rechner ermittelt: Traumgewicht in 30 Tagen
Zum Beispiel unter dem Markennamen “Ketoxplode” sind sie online erhältlich. Eine Packung für einen Monat kostet 60 Euro. Ein “Rechner” auf der Homepage ermittelt zudem die Zeit, in der ein deutliches Abnehm-Ergebnis zu erwarten sei. Selbst bei ungünstigsten Voraussetzungen – starkes Übergewicht, keinerlei Sport – erscheint die “Prognose”, dass das Wunschgewicht in 30 Tagen erreicht sein könnte.

Experten bezweifeln die Wirkung dieser Keto-Gummis. Bislang gebe es kaum Studien zur Wirkung von künstlichen Ketogenen, sagt Antje Sieb aus der WDR-Wissenschaftsredaktion. Und: Wenn man genauer hinschaue, tauchten in den Inhaltsstofflisten der meisten Produkte überhaupt keine Ketone oder Ketonkörper auf.

Ketone wichtig im Fettstoffwechsel
Tatsächlich spielen Ketone im menschlichen Körper eine wichtige Rolle beim Stoffwechsel: Stehen dem Organismus nicht genügend Kohlenhydrate zur Verfügung – zum Beispiel bei einer kohlenhydratarmen Diät oder bei intensivem Sport -, beginnt der Körper, Fett zu verbrennen, um an Energie zu kommen. Dabei werden sogenannte Ketone gebildet, die als Ersatzkohlenhydrate zur Energiegewinnung dienen. Diesen Prozess nennt man Ketose.

Einige Abnehm-Diäten wollen diesen Effekt nutzen: Man isst dann sehr wenig Kohlenhydrate und weniger Eiweiß, dafür durchaus viel Fett oder Fleisch. Die Idee bei den Keto-Gummis: Man isst normal weiter und führt künstliche Ketone zu, die die Fettverbrennung steigern sollen. Zusätzlich sollen sie den Appetit hemmen und so beim schnelleren Abnehmen helfen – so die Werbung.

Auch manche Leistungssportler nehmen offenbar künstliche Ketone zu sich, um ihre Energiequellen und damit ihre Leistung zu steigern. Während der Tour de France beispielsweise bekannten sich einige Teams offen zum Einsatz von Ketonen – die nicht als Dopingmittel zählen.

Ketogene Diät kann auch schaden
Ob das alles gesund ist oder, im Gegenteil, gesundheitsschädlich – das sei noch gar nicht klar, sagt Antje Sieb. Bei einigen Erkrankungen würden Mediziner von einer ketogenen Diät klar abraten. Es könne zu erhöhten Blutfettwerten kommen, das Risiko für Nierensteine steige. Auch könne die Knochensubstanz unter einer ketogenen Ernährung leiden.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Gesunde, mindestens 50 Prozent der täglichen Energie in Form von Kohlenhydraten aufzunehmen. Zum Beispiel über Vollkornprodukte, Gemüse, Obst, Hülsenfrüchte oder Kartoffeln. Bei einer täglichen Energiezufuhr von 2000 Kalorien entspricht das etwa 240 Gramm Kohlenhydrate.

Ist die Kohlenhydratzufuhr auf weniger als 40 bis 50 Gramm reduziert, wechselt der Körper in den Ketose-Modus. Das bedeutet allerdings harte Diät: Eine Banane enthält bereits 30 Gramm Kohlenhydrate, eine halbe Scheibe Vollkornbrot 20 Gramm.

“Es gibt keine Wundermittel”
Die Suche nach Wundermitteln zum Abnehmen sei “extrem”, sagt Ernährungsexperte Volker Manz. Dass bei den neuen Keto-Gummis nun sogar übergewichtigen Kindern suggeriert werde, man müsse nur Fruchtgummis essen, um schlank zu werden, “das ist eine Gefahr”.

Und auch die Verbraucherzentrale wird deutlich angesichts des jetzt so gehypten Mittels “Ketoxplode”: Auf der Homepage des Herstellers kämen “alle typischen Verkaufsargumente für unseriöse Wundermittel zum Abnehmen auf den Tisch”. Verweise auf Studien sollten dem Angebot Seriosität verleihen, allerdings würden diese Studien nicht konkret benannt oder verlinkt. “Es ist nicht erlaubt, in dieser Weise zu werben.”

Auch Ernährungsexperte Manz stellt klar: “Es funktioniert nicht.” Das Marketing dieser Gummis sei “super ausgelegt, aber null praktikabel”. Auf keinen Fall solle man diesen Weg im Selbstversuch gehen, warnt er – sondern immer Hilfe beim Arzt oder in einer Ernährungsberatung suchen. Abnehmen gelinge langfristig nur über diese vier Hauptfaktoren: Bewegung, die richtigen Getränke, gute Ernährung, ausreichend Schlaf.

Christoph Sieberz | 10/10/2023

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